19. ACATIS Value Konferenz - Rückblick

Pressemitteilung, Frankfurt am Main, 23.05.2022

Wirtschaftliche Trends, an denen wir nicht vorbeigehen
Anlagethemen, die die Welt verändern – Bitcoin, Blockchain, Biotechnologie, Klimawandel, CO2-Vermeidung
Große Probleme erfordern große Lösungen

„Wieder einmal befindet sich die Welt in einem Strukturbruch. Der Westen stellt sich nach der russischen Aggression neu auf, die laxe Geldpolitik der letzten Jahre rächt sich in Form einer höheren Inflation, die Corona-Pandemie verändert soziale Zusammenarbeit und Kommunikation, der Klimawandel wird zumindest in Europa nicht mehr ignoriert und die Lieferketten werden mit dem Ziel einer größeren Robustheit neu, aber teurer organisiert.“ Damit steckte der Fondsmanager Dr. Hendrik Leber den Rahmen für die von seinem Unternehmen veranstaltete 19. ACATIS Value Konferenz in Frankfurt am Main am 20. Mai 2022 ab.

Etwas über 350 Teilnehmer konnten online (250) und vor Ort (110), diesmal in der Frankfurt School of Finance & Management, sieben Fachvorträgen folgen und die Themen diskutieren. „Unabhängig von Krieg und Pandemie wandelt sich die Wirtschaft wie schon seit Jahrhunderten durch Technologie: Früher Eisenbahn und Elektrizität, heute Bitcoin, Ethereum und Blockchain haben das Potenzial, Bank, Börse und Handel radikal zu verändern. Der Klimawandel führt zu großen Investitionen in unsere Grundstoffindustrien, Beispiel Zement, und die industrielle Biotechnologie modernisiert die Pharma- und Nahrungsmittelindustrie. Das sind Trends, an denen Investoren nicht vorbeikommen. Hier finden sich aber auch die Themen, die uns retten können, wenn wir richtig investieren, und dann eine gute Rendite bringen.“ „Wohlfühlaktionen helfen nicht weiter. Verkäufe von Umweltsünder-Unternehmen führen zu höherer Verschmutzung an anderer Stelle - es bringt nichts, wenn wir in Deutschland Kohlekraftwerke abschalten und die Polen ihre hochfahren. Wir brauchen saubere Wege statt guten Willens, und das kostet Geld. Ich sehe diese Krisen als Investitionschancen, wir von ACATIS werden in solchen Marktphasen aufmerksam und gierig.“

Bitcoin und Blockchain – unverstandene Revolution
ACATIS ist mit einem Fonds seit 2016 in Bitcoins investiert. „Derzeit entwickeln sich Krypto-Assets zu einer eigenen Anlageklasse mit Fonds, Analysten, Indexanbietern etc. - wie in traditionellen Kapitalmärkten. Dazu gehört auch das Aufkommen neuer Krypto-Fonds zur Finanzierung von Startups und kleinen Unternehmen.“ Neben all dem Hype gebe es auch viel Substanz im Bereich der Krypto-Assets, wie Prof. Dr. Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance and Management in seinem Vortrag erläuterte. Dezentrale Protokolle seien ein Zukunftsthema, an dem man nicht vorbeigehen sollte. Damit könne man auch global CO2-Trading und Zertifikatsverteilung abbilden. Langfristig werde es keinen Finanz- und Kapitalmarkt ohne Blockchain-Technologien geben, deshalb müsse man sich heute damit befassen. „Bisher sind Strukturen zentral und hierarchisch aufgebaut, Blockchain erlaubt dezentrale Strukturen, die niemand mehr abschalten kann.“ „Es gibt nur wenige Kryptowährungen, etwa die Top Ten, in die sinnvoll investiert werden kann. Bitcoin hat heute eine Marktkapitalisierung, die über der der größten Banken weltweit liegt, und die Blockchain erlaubt Finanztransaktionen in bisher unbekannter Geschwindigkeit, Sicherheit und zu minimalen Kosten. Das ist in Regionen außerhalb von Europa deutlich wichtiger als für uns.“ Aber auch zur Wertaufbewahrung in handelbaren Fonds seien Kryptowährungen brauchbar, um Schwankungen und Risiken abzusichern.

Kryptowährungen und Sicherheit
Felix von Leitner, Blogger und Berater für IT-Sicherheit bei Code Blau GmbH, zeigte hingegen vor allem auf die Schwachstellen von Kryptowährungen. Sein Fazit: „Der Blockchain-Teil ist edel und gut, aber der Tausch gegen herkömmliche Währungen ist riskant.“ Es gibt keine Institutionen, die gegen die Deflationsgefahr von Kryptowährungen helfen, denn Wallets gehen verloren. Bei Deflation kann das System sofort zusammenbrechen, weil niemand mehr verkauft. „Käufer von Bitcoins kaufen nicht ‚2 Bitcoin‘, sondern ‚50.000 Dollar in Bitcoin‘, um damit etwa eine Erpressungssumme zu bezahlen. Wieviel Bitcoins das sind, ist denen egal. Die zahlen 50.000 Dollar.“ Bitcoin sei, anders als von den meisten wahrgenommen, ein geschlossenes System, der Umtausch in Dollar oder Euro läuft separat. Jeden ausgezahlten Dollar muss vorher jemand eingezahlt haben. „Das System funktioniert nur, solange es noch Einzahler findet. Der Letzte ist der Dumme. Und der Strom, der verbraucht wurde, ist weg und hat keinen wirklichen Wert geschaffen.“ Bitcoin-Mining verbrauche inzwischen mehr Strom als Argentinien. Blockchain-Anwendungen wie Smart Contracts oder Decentralized Finance seien Lösungen für Probleme, die niemand habe oder sie seien unsicherer als existierende konventionelle Lösungen. Leber stimmte Leitner in Teilen zu - „für manche Lösungen gibt es wirklich keine Anwendung, für andere schon. Ein Kleinunternehmer in der Dritten Welt ohne funktionierende konventionelle Banken hat durchaus Bedarf an einem Bitcoin- Konto.“

Kohlendioxidversenkung als Geschäftsmodell
Der Weg vom Bitcoin zum Klimawandel ist kurz. Bitcoin schürfen verbraucht Strom, der häufig aus Kohle erzeugt wird und damit das Treibhausgas Kohlendioxid verursacht, ein Kernproblem des Klimawandels. Letztlich muss nach dem Weltklimavertrag von Paris spätestens 2050 der Netto-CO2-Ausstoß auf null gebracht werden. Nicht alle Prozesse, die heute CO2 erzeugen, werden sich bis dahin oder überhaupt jemals umstellen lassen. Die dauerhafte Versenkung von Kohlendioxid in industriellem Maßstab wird dementsprechend zu einem Geschäftsmodell, in das sich investieren lässt. Emil Yde Aasen, Master in Maschinenbau und Business Analyst beim norwegischen Unternehmen Aker Carbon Capture, gab eine Einführung in den Markt der kommerziellen Kohlenstoffabscheidung, Kohlenstoffnutzung und Kohlenstoffspeicherung und erläuterte Details zu spezifischen Projekten, Marktaussichten und Perspektiven für wichtige künftige Marktfaktoren. Im Mittelpunkt steht eine Technik namens Carbon Capture and Storage (CCS), also Kohlenstoffabscheidung und -speicherung. Erste Projekte dazu gehen bis auf die 1970er zurück. Das Unternehmen installiert seine Anlagen heute etwa bei Müllverbrennungsanlagen, Gaskraftwerken oder in Zementwerken und fängt das ausgestoßene CO2 auf. Dieses kann anschließend für andere industrielle Prozesse oder zur Pflanzenzucht in Gewächshäusern verwendet werden oder aber unterirdisch, vor allem im Meeresboden und in ausgedienten Gaslagerstätten, eingelagert werden. Eine Möglichkeit des Einsatzes sind synthetische Kohlenwasserstoffe, erzeugt mit Solarwasserstoff und CO2, verwendbar als Treibstoff oder Petrochemierohstoffe. Aker will in 2025 10 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr mithilfe spezieller Lösemittel aus Abgasen auffangen, aus den Lösemitteln wieder extrahieren und dann einlagern oder aufbereiten. Ein Anreiz für diese nicht billigen Prozesse - in der Summe bis zu 150 € pro Tonne - kann die Vermeidung von Emissionszertifikaten sein, die in Europa mittlerweile vorgeschrieben sind und durch Verknappung laufend teurer werden.

Grüne Zementproduktion
Ein anderer Weg führt dahin, CO2 gar nicht erst entstehen zu lassen. Eine Tonne herkömmlicher Zement verursacht eine Tonne CO2. Das 2014 in Frankreich gegründete und an der Euronext Growth Paris gelistete Unternehmen Hoffmann Green Cement entwickelt, produziert und vertreibt Zemente mit einem sechsmal geringeren CO2-Fußabdruck als herkömmlicher Zement - ein gewaltiger Faktor, da die Zementindustrie bisher etwa 6 bis 8 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verursacht. Mit einer bereits in Betrieb befindlichen Industrieanlage und zwei neuen Anlagen in Planung, so der Chief Financial Officer Jérôme Caron in Frankfurt, habe die Gruppe einen technologischen Durchbruch erzielt, der einen sauberen, temperatur- und kohlendioxidreduzierten und klinkerfreien Herstellungsprozess ermögliche. Bis 2030 will Hoffmann 15 bis 20 rentable Werke aufbauen. Rohmaterialien seien jeweils regional verfügbar, Abfälle gebe es nicht. Die Fertigprodukte - die meisten vom Markt benötigten Zementsorten - seien in Frankreich bereits zertifiziert und mit herkömmlichem Zement vergleichbar.

Marktwirtschaftlich optimale Treibhausgasverringerung über Emissions-zertifikate
Seit mehr als zehn Jahren ist der Handel mit Emissionsberechtigungen das zentrale Instrument, mit dem Europa seinen Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll nachkommt. Für fast 50 Prozent der europäischen Emissionen klimarelevanter Gase müssen von den größten Emittenten vorab zwingend Emissionsberechtigungen erworben werden, die von den Mitgliedstaaten wöchentlich auktioniert werden. Wie dieses Instrument einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion der Emissionen leistet, stellten Prof. Dr. Hanjo Allinger und Dr. Christian Jasperneite von CAP2 GmbH, Hamburg, vor. „Der freie Handel mit den Verschmutzungszertifikaten führt dazu, dass derjenige am meisten reduziert, der die geringsten Vermeidungskosten hat.“ Investoren können direkt durch Zertifikatskäufe einen entsprechend geringeren CO2-Fußabdruck ihrer Portfolios bewirken, und damit volkswirtschaftlich den Weg der geringsten Kosten erreichen. Kompensationen von CO2-Emissionen oder Verkäufe der Produzenten an andere Eigentümer führen demgegenüber nicht zur Reduzierung, sondern nur zur Verschiebung des Problems. Die Dienstleistung von CAP2 für klimabewusste Investoren besteht darin, die Abweichungen zwischen den tatsächlichen und den notwendigen Reduktionspfaden auf Portfolioebene zu berechnen. „Daraus leiten wir die Anzahl von Emissionsrechten ab, die stillgelegt werden müssen, damit ein Portfolio in einer Gesamtbetrachtung klimakompatibel ist.“

Biorohstoffe in der Industrie
Vor dem Hintergrund des Klimawandels sind neue, nachhaltige Konzepte für die produzierende Wirtschaft gefragt. Auch die aktuelle Ukraine-Krise verdeutlicht die strategischen Nachteile einer zu großen Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen. Eine Antwort auf diese Herausforderungen ist das Konzept der Bioökonomie - nachwachsende Rohstoffe anstelle von Kohle, Öl und Gas. Der Molekularbiologe und Innovationsmanager Dennis Herzberg vom branchenübergreifenden Düsseldorfer CLIB (Cluster Industrielle Biotechnologie e. V. mit über hundert Mitgliedern) gab einen Überblick über den aktuellen Stand und Trends in der Bioökonomie, mit der die Rohstoffbasis der Wirtschaft durch biogene Ressourcen nachhaltig und kreislauforientiert ausgerichtet werden soll. Bioökonomie umfasst die Erzeugung, Erschließung und Nutzung biologischer Ressourcen, Prozesse und Systeme, um Produkte, Verfahren und Dienstleistungen in allen wirtschaftlichen Sektoren im Rahmen eines zukunftsfähigen Wirtschaftssystems bereitzustellen. „Es geht um Nachhaltigkeit, CO2-Vermeidung, Bioabbaubarkeit, natürliche Rohstoffe und modulare Anlagen für die europäische Chemieindustrie. Wir brauchen neue Rohstoffe, Prozesse und Prozessketten.“ Gegenwärtig nutze die chemische Industrie etwa 12 bis 14 Prozent der Biomasse für ihre Prozesse, der überwiegende Teil sind noch fossile Rohstoffe. Dabei seien Querverbindungen möglich - aus Abgas-CO2 könne durch Bioprozesse Ethanol werden. Medizin, Kraftstoffe, Chemie und Ernährung seien Felder für biotechnologische Verfahren; Methoden wie DNA- Sequenzierung, KI und Genom-Manipulation könnten erfolgreich kombiniert werden. Enormes Hindernis sei aber der Sprung vom Labor zur Produktion, ein nicht trivialer Weg. Doch „Bioökonomie und Biotechnologie bieten bereits heute kompetitive Lösungen bei komplexen und hochwertigen Produkten, die Investitionen lohnen.“

Diese Einschätzung teilt auch Leber. „Viele neue Geschäftsideen sind in Form von Aktien bereits an der Börse gelistet, weitere werden folgen. Wir beobachten sie und nehmen sie beizeiten in unsere Fonds auf. Nicht alles wird funktionieren, aber wir sind breit aufgestellt. Und wir werden in Zusammenarbeit mit CAP2 in Kürze effektiv klimaneutrale Portfolios anbieten.“

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